Drei Fragen an Angelika Schorer
Das Bayerische Rote Kreuz hat eine neue Präsidentin: Die seit zwölf Jahren amtierende Bezirksvorsitzende im BRK-Bezirksverband Schwaben und Landtagsabgeordnete Angelika Schorer aus dem Stimmkreis Marktoberdorf wurde Anfang Dezember als Nachfolgerin von Theo Zellner gewählt, der nicht mehr antrat. Hier skizziert sie die wichtigsten Herausforderungen.
Frau Schorer, Sie sind gelernte Bankkauffrau, vierfache Mutter und Landwirtin. Seit 2003 sind Sie im bayerischen Landtag, und dort auch im Ausschuss für Bau und Verkehr sowie im Präsidium aktiv. Wie würden Sie die Erfahrungen beschreiben, die Sie in die BRK-Präsidentschaft einbringen?
Mein Engagement im und um das Bayerische Rote Kreuz ist sehr vielseitig. Ob als Mitglied seit über 20 Jahren im Kreisverband Ostallgäu, als Bezirksvorsitzende des Bezirksverbandes Schwaben oder auch als Abgeordnete im Bayerischen Landtag: Das Bayerische Rote Kreuz hat eine gewichtige Rolle in meinem Leben und hat mich stets begleitet. Ich freue mich daher umso mehr, nun für den gesamten Verband große Verantwortung übernehmen zu dürfen – es freut mich nicht nur, es erfüllt mich auch mit Stolz und Dankbarkeit.
Welchen Herausforderungen innerhalb des BRK werden Sie sich als Erstes widmen, welche Projekte gehen Sie mittel- bzw. langfristig an?
Sowohl die Pandemie, aber auch die Hochwasserereignisse in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und schließlich im Berchtesgadener-Land haben offenbart, dass wir den Katastrophenschutz insgesamt anpacken, verbessern und für die Zukunft sattelfest machen müssen. Wir sind grundsätzlich sehr gut aufgestellt, müssen aber Szenerien und veränderte Gefahren neu denken und aus ihnen Schlüsse ziehen.
Handlungsbedarf sehe ich auch im Bereich der Pflege – das ist mittlerweile unumstritten. Doch die Mängel scheinen so tiefgreifend, dass hier vereinzelte „Reförmchen“ keine Wirkung erzielen werden. Die Pflege bedarf einer grundlegenden Neustrukturierung, dabei darf es keine Denkverbote und Tabus geben. Ohne echte und nachhaltige Verbesserungen für unsere Pflegerinnen und Pfleger können wir die gegenwärtigen und bevorstehenden demografischen Herausforderungen nicht stemmen. Dabei geht es um Gehaltsstrukturen, aber auch um eine im Arbeitsalltag spürbare Entbürokratisierung vorhandener Prozesse und die Einrichtung einer Enquete-Kommission aus allen Fraktionen sowie seitens der Träger, der Pflegekräfte, der Kostenträger und der Wissenschaft zur Erarbeitung auch von unkonventionellen Lösungen der drängendsten Probleme. Schließlich müssen wir auch unsere Anstrengungen in der Anwerbung ausländischer Fachkräfte intensivieren.
Die Novellierung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes befindet sich auf der Zielgeraden. Noch im Frühjahr wird diese Gesetzesinitiative durch das Parlament gehen. Die Umsetzung dieses neuen Gesetzes wird auch eine Herausforderung, der wir uns als Bayerisches Rotes Kreuz stellen werden.
Das sind Megathemen, die mich in meiner Amtszeit fordern werden – für die ich mich aber auch kraftvoll einsetzen werde.
Welche Entwicklungen machen Ihnen derzeit Sorgen?
Mich besorgt, dass offenbar eine Minderheit unserer Gesellschaft in der Lage ist, durch Lautstärke und Ideologie den Eindruck einer allgegenwärtigen Spaltung unserer Gesellschaft zu erzeugen. Diese Spaltung ist meines Erachtens nur gefühlt existent. Der Großteil unserer Gesellschaft agiert solidarisch, schaut auf den Nächsten, reicht Hilfsbedürftigen die Hand – oder lässt sich impfen.