Pflege leisten ist MEHRWert! Für die Pflege mit Zukunft.
Pflegekampagne 2022/23
Als Auftakt für die Kampagne „Pflege leisten ist MEHRWert! Für die Pflege mit Zukunft“ lud die Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege München zu einer Pressekonferenz ins BRK-Senioren- und Pflegeheim Haus Alt-Lehel.
Die Weichen für eine zukunftsfeste und nachhaltig bessere Pflege müssen endlich gestellt werden. Die Verbesserung der Pflegesituation und die Sicherstellung menschenwürdiger Pflege zählen zu einer der größten Herausforderungen unserer Zeit. Seit Jahren erfahren wir die Ansprüche an die Langzeitpflege und wissen aus der Praxis, was sich verändern muss. Es wird zunehmend schwieriger, eine bedürfnisorientierte und bedarfsgerechte Pflege aus den Teilleistungen der Pflegeversicherung und aus eigenen Mitteln sicherzustellen. Die Pflegesituation ist für alle Beteiligten belastend: für Pflegebedürftige, für ihre An- und Zugehörigen sowie für Pflegekräfte. Wir stehen vor größten Herausforderungen, ausreichend qualifizierte Mitarbeiter*innen der Pflege zu gewinnen.
Wie ein Brennglas hat die Corona-Pandemie die hohen Anforderungen sowie Belastungen aufgezeigt und gleichzeitig die außergewöhnliche Einsatzbereitschaft und hohe Identifikation unserer Mitarbeiter*innen mit ihrem Beruf. Pflegeboni als Einmalgratifikation reichen nicht. Die Pflegenden aber auch die Pflegeberechtigten und deren Angehörige erwarten von uns Wohlfahrtsverbänden, dass wir uns für ihre Anliegen stark machen. Der Pflegeberuf braucht eine nachhaltige Aufwertung.
Als Münchner Wohlfahrtsverbände setzen wir uns tagtäglich für die Sicherung guter Pflege ein, damit wieder mehr Zeit bleibt für eine menschenwürdige und maßgeschneiderte Pflege, für angemessene Betreuung und Gespräche. Als freigemeinnützige Träger stehen wir in praktischer Durchführungsverantwortung unter qualitativen und wirtschaftlichen Prämissen. Dieses Spannungsverhältnis wollen wir zu Gunsten der Pflegebedürftigen und Pflegenden konstruktiv ausgestalten. Als Sozialverbände sehen wir uns in der Pflicht, gegenüber der Politik gesetzliche Grundlagen für eine bessere Pflege einzufordern; gegenüber der Gesellschaft die angemessene Aufmerksamkeit.
Dieser Zielsetzung dient die Kampagne „Pflege leisten ist MEHRWert! Für die Pflege mit Zukunft“. Das Augenmerk liegt auf der stationären Altenpflege. Über einen Zeitraum von einem Jahr werden insgesamt elf Forderungen vorgestellt. Auftakt bildet die Forderung nach Wertschätzung.
Forderung: Wertschätzung
Die Gesellschaft leistet sich eine Pflege, in der die beruflich Pflegenden ihren fachlichen Ansprüchen gerecht werden können und sie auf Dauer berufliche Erfüllung finden.
Sie können im Pflegealltag das in einer dreijährigen Ausbildung erlernte Wissen und die erworbenen Fertig- und Fähigkeiten professionell und in der für professionelles Handeln erforderlichen Zeit anwenden. Im System der Versorgung und Behandlung Pflegebedürftiger begegnen ihnen alle Beteiligten mit Respekt und auf Augenhöhe.
Die gesellschaftliche Aufwertung muss Pflegenden durch eine angemessene Vergütung ihrer Arbeitsleistung und verschiedene Entlastungsmaßnahmen zukommen:
Aufgrund der hohen körperlichen, psychischen und emotionalen Belastung des Pflegealltags könnte die wöchentliche Vollzeitbeschäftigung auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich abgesenkt werden. Dies bedeutet über höhere Pflege- und Krankenkassenzuschüsse 10 Milliarden € jährlich für zusätzliche Pflegeressourcen zu investieren. Damit ließe sich eine Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden bei vollem Lohn- und Inflationsausgleich, sowie das daraus resultierende zusätzliche Personal für Langzeitpflege wie Akutpflege finanzieren.
Können Pflegekräfte vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter den Beruf nicht mehr ausüben, sollen sie den Ruhestand ohne Einschnitte in der Rentenhöhe antreten können bzw. sollte ihnen berufsbegleitend und barrierefrei eine Umschulung in einen alternativen Beruf ermöglicht werden.
Unsere elf Forderungen auf einen Blick
Wertschätzung
Die Gesellschaft muss sich eine Pflege leisten, in der die beruflich Pflegenden ihren fachlichen Ansprüchen gerecht werden können und sie auf Dauer berufliche Erfüllung finden.
Personalressourcen
Die Gesellschaft muss sich eine Pflege leisten, in der die Schichtbesetzung ausreichend Zeit garantiert, den Bedürfnissen der Anvertrauten gerecht zu werden.
Bewohnerzentrierte Pflege
Die Gesellschaft muss sich eine aktivierende Pflege leisten, in der Pflegebedürftige Subjekt und nicht Objekt der Pflege sind. In der der Tagesablauf nach dem Biorhythmus der Bewohner*innen gestaltet und eine Biographiearbeit als Basis der Lebensraumgestaltung realisiert ist.
Finanzierung
Die Gesellschaft muss sich eine Pflege leisten, in der das Pflegerisiko über die gesetzliche Pflegeversicherung vollständig abgesichert ist, in der die Betroffenen nicht zu Sozialhilfeempfänger*innen werden und ihre Angehörigen nicht mit unangemessenen Unterhaltsansprüchen konfrontiert sind.
Imageförderung
Die Gesellschaft muss sich eine Pflege leisten, über die die Medien jetzt schon vertrauensbildend und wertschätzend berichten. Für die die Medien werben, beruflich tätig zu werden.
Die Gesellschaft leistet sich eine Pflege in der die Pflegekraft als Expert*in in ihrem Bereich und in der die Chancen des Berufsfeldes dargestellt werden.
Ausbildung
Die Gesellschaft muss sich eine Pflege leisten, für die sich Schulabgänger*innen um einen attraktiven und zukunftssicheren Ausbildungsplatz reißen.
Karriere als Pflegepraktiker
Die Gesellschaft muss sich eine Pflege leisten, in der Pflegeerfahrung honoriert wird und die Pflegepraxis auf Augenhöhe mit der Pflegekontrolle steht.
Freiraum vor Kontrolle
Die Gesellschaft muss sich eine Pflege leisten, deren Qualität auf der Eigenverantwortung basiert und bei der externe Kontrollen auch das viele Positive hervorheben.
Diversitäts- und Kultursensible Pflege
Die Gesellschaft muss sich eine Pflege leisten, in der Menschen in ihrer Individualität wahrgenommen und respektiert sind.
Interdisziplinäre Pflege
Die Gesellschaft muss sich eine Pflege leisten, in der Pflegefachkräfte auf Augenhöhe mit Ärzt*innen und Therapeut*innen den Pflegeprozess aushandeln.
Sterben in einer Einrichtung
Die Gesellschaft muss sich eine Pflege leisten, die palliativ angemessen versorgt, weil die körperlichen, psychischen, sozialen und spirituellen Nöte und Bedürfnisse wahrgenommen werden und entsprechend gehandelt wird, diese zu erfüllen.