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Foto: Oliver Bodmer
15.01.2020

Wohnen darf kein Luxusgut werden

14. Jänner 2020 – Drittes Fachgespräch der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege zum Münchner Kommunalwahlkampf dreht sich um das Thema Wohnen in München

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Seit 2010 ist München um rund 200.000 Menschen gewachsen; bis zum Jahr 2040 werden aktuellen Prognosen zufolge weitere 350.000 Personen mehr hier leben. Und auch der Mangel ist gewachsen: Derzeit gibt es 60.000 Haushalte mehr als Wohnungen; Tendenz steigend. Und derzeit sind etwa 10.000 Menschen wohnungslos, leben in Pensionen, Notunterkünften oder auf der Straße; vor zehn Jahren waren es Zweidrittel weniger. Zudem sind Bodenpreise und Baukosten explodiert: Kostete vor wenigen Jahren ein Quadratmeter bebauter Raum noch 2.700 Euro, sind es aktuell 3.500 Euro und mehr.

Welche Konzepte haben Parteien und Politiker, um diesem Trend entgegenzusteuern? Kristina Frank, Oberbürgermeister-Kandidatin der CSU, weist auf die 870 Millionen Euro hin, die die Stadt in den vergangenen fünf Jahren in den geförderten Wohnungsbau investiert hat und auf die Personalmehrung bei den zuständigen Behörden, „damit da schneller was vorangeht“. Man brauche nicht nur ambitionierte Wohnungszielzahlen, sondern müsse diese auch erreichen können. Deshalb dürfe es nicht darum gehen „Luftschlösser“ zu bauen, sondern alle vorhandenen Flächen müssten ohne Denkverbote genutzt werden: „Vielleicht müssen wir auch Verkehrsschneisen überbauen wie etwa die Lindauer Autobahn.“

SPD-Stadtrat Christian Müller beklagte eine „weit entwickelte Aufregungskultur“ der Stadtbevölkerung, wenn es um Neubauten gehe: „Egal, ob es eine Kindertagesstätte oder Schule ist, die Leute sind erst mal dagegen.“ Er plädierte deshalb für eine deutlich intensivierte Bürgerbeteiligung, um Bauvorhaben transparenter zu machen – „auch wenn wir nicht alle überzeugen können“. Für eine wachsende Stadt brauche es aber auch eine mitwachsende Infrastruktur. Beim U-Bahnbau beispielsweise sieht Müller Freistaat und Bund in der Pflicht. Um die vielen wohnungslosen Menschen unterzubringen, müsse die Stadt geeignete Unterbringungsmöglichkeiten schaffen, so Müller. „In jedem Stadtbezirk muss in den nächsten Jahren mindestens ein weiteres Flexi-Heim errichtet werden.“

Jutta Koller, Stadträtin der Grünen, sagte, es sei erschreckend, wie stark die Zahl der Kinder, die mit ihren Familien in der Wohnungslosigkeit leben müssten, gestiegen sei. „Noch vor Jahren hätte ich mir das nicht träumen lassen.“ Diese Familien müssten intensiv betreut werden, damit die Kinder eine Perspektive und eine Zukunft haben. Auch sie plädierte für eine verstärkte Bautätigkeit: „Bauen, bauen, bauen – überall wo es möglich ist.“ Es dürfe nicht sein, dass der Mittelstand aufgrund der hohen Mietpreise nicht mehr mithalten könne.

Julia Sterzer von der Arbeiterwohlfahrt hieb in dieselbe Kerbe: Es sei schlimm, dass Familien mit Kindern regelrecht „aus der Stadt getrieben“ werden. Und wörtlich: „Kinder und Jugendliche dürfen kein Armutsrisiko sein; sie sind unsere Zukunft.“ Beschäftigte im Sozialbereich, Polizisten und Verkäuferinnen finden ihrer Beobachtung nach bereits keinen bezahlbaren Wohnraum mehr in der Landeshauptstadt. Thomas Ballweg vom Katholischen Männerfürsorgeverein forderte angesichts der stark angestiegenen Zahlen wohnungsloser Menschen die Verbesserung des Sofortunterbringungssystems, ein Förderprogramm bei Neubauten sowie ein eigenes Programm, das es der Stadt erlaube, verstärkt Wohnungen auf dem freien Markt anzumieten und diese dann Familien in prekären Lebenssituationen zur Verfügung zu stellen. Sein Plädoyer: „Jeder Mensch braucht ein eigenes Zuhause.“

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