1 2 Repor t och immer kommt es vor: Ein Auto hält neben N einem Kind, und der Mann am Steuer fragt, ob es mitfahren möchte, statt den langen Weg zu Fuß zu gehen. Z.ar ist der freundliche Fahrer meistens kein Fremder, sondern der Papa eines Kindergarten- oder Schulfreunds – doch .ann darf man einfach einsteigen, und .ann lehnt man besser ab? In einer solchen Situation reagiert ein Kind öfter richtig, .enn es darauf vorbereitet .urde. Welche Menschen zu den Vertrauenspersonen zählen, mit denen es bedenkenlos mitgehen darf, müssen die Eltern vorab definieren. Neben Mama und Papa sind das in der Regel die Großeltern, unter Umständen eine Tante oder Nachbarin, die sich öfter um das Kind kümmert, vielleicht auch die Eltern des besten Freundes. Je .eniger Personen infrage kommen, desto besser kann das Kind sie sich merken. Allen anderen sollte es höflich, aber in bestimmtem Ton- fall, mit selbstbe.usster Körperhaltung und Blick- kontakt ein „Danke, ich laufe lieber!“ entgegensetzen. Wie man entschieden auftritt, in Wort und Gestik Grenzen setzt, übt Präventionstrainerin Heike Gründl heute mit einer Gruppe Vorschulkinder in der Kin- dertagesstätte „Sternschnuppe“ des Münchner Roten Kreuzes. Sechs Mädchen und z.ei Jungen sitzen auf Matten im Gras und führen ab.echselnd vor, .ie man glaub.ürdig „Stopp, ich möchte das nicht!“ vermittelt. Ob.ohl, .ie Heike Gründl erläutert, das anhaltende Auto eher die Ausnahme ist. Aber da gibt es den Kuss der ungeliebten Tante mit zu viel Lippen- stift, den schubsenden Nachbarsjungen oder die Mutter der Freundin, die viel zu große Portionen auf den Teller häuft. Erlebnisse, die jedes Kind kennt. Oft ist es dabei unsicher, ob es die eigenen Interessen über die der anderen stellen darf – vor allem .enn es sich um vertraute oder sogar geliebte Menschen han- delt. Und .enn ja: .ie es sein Anliegen in einer ak- zeptablen und dabei .irkungsvollen Form kundtut. In sechs Trainingseinheiten unter dem Motto „Sicher – mutig – stark“ beackert Heike Gründl ein .eites Feld. Neben dem Selbstschutz der Kinder vor Ge.alt und sexuellem Missbrauch sind Durchsetzungskraft schon bei Fünf- und Sechsjähri- gen, Zivilcourage im Eintreten für andere und ge- .altfreie Konfliktlösungen ihre Themen. Spielerisch, mithilfe von Bilderbüchern, Musik, Be.egung und Rollenspielen, führt sie die kleinen Zuhörer an ihre Botschaften heran. Das beginnt schon bei der Begrü- ßung innerhalb der Gruppe zu Beginn jeder Einheit. Auf eine entschiedene Körperhaltung und eine feste Stimme kommt es an, wenn man sich – wie hier simuliert – gegenüber einem anderen Menschen behaupten will. Alle geben sich nacheinander die Hand und sehen sich dabei in die Au- gen. Wie sich ein kleines Mädchen verbal dagegen .ehren kann, dass ihm ein deutlich älterer Junge auf dem Spielplatz einen Schokoriegel .egnehmen möchte, erklärt Heike Gründl anhand einer vorgelesenen Geschichte. Gemeinsam mit den Kindern überlegt sie, .elche Vorge- hens.eise am erfolgversprechendsten ist. Anschließend stellt sich jedes Kind im Rollenspiel mit energischer Stimme und gestrafftem Körper der Herausforderung, seinen imaginären Besitz zu verteidigen. Und da die gespielten Szenen allen Spaß machen, folgt gleich die nächste Aufgabe für die kleinen Laiendarsteller, ein Kind, das erst nicht mitspielen durfte, in die Gruppe zu integrieren. Nein sagen zu können, zu .issen, .as richtig und .as falsch ist, für andere einzustehen – Kinder und Jugendliche haben oft noch .eniger als Er.achsene den Mut, ihre Überzeugungen notfalls auch gegen den Rest der Gruppe zu vertreten. Daher ist es .ichtig, sie immer .ieder in richtigem Verhalten zu bestärken und ihnen die Aus.irkungen von Mobbing und Ge.alt vor Augen zu führen. Dabei hilft oft die Frage: „Wie würdest du dich denn dabei fühlen?“ Deshalb spielt jedes der Vorschulkinder heute das ausgeschlossene Kind, das erst nicht mitspielen darf, dann aber von einem anderen Kind in die Gruppe zurückgeholt .ird. Gefühle stehen auch im Fokus, .enn es ans Neinsagen geht – die Trainingsteilnehmer sollen sensibilisiert .erden für Situationen, in denen sie sich nicht .ohl- fühlen, und dann sofort Grenzen setzen. Denn Kinder handeln selbstbe- .usster, .enn man sie darin bestärkt, auf ihr Gefühl hören zu dürfen. Et.a .enn eine Mutprobe zu gefährlich erscheint, sich jemand einfach vordrängelt oder auf subtile Weise gemein ist. Die einzelnen Trainingseinheiten laufen immer ähnlich ab. Nach der Begrüßung und der Besprechung der Hausaufgaben folgen ein Auf- .ärmspiel und die Abfrage der Vertrauenspersonen. Eine Geschichte führt in das Thema der Stunde ein, danach erarbeitet die Gruppe ge- meinsam die richtige Vorgehens.eise in der beschriebenen Situation. Geübt .ird im Rollenspiel, in dessen Rahmen Heike Gründl viel lobt und die positiven Gefühle abfragt. Am Ende gibt es neue Hausaufgaben, .ei- teres Lob so.ie die Verabschiedung mit Handschlag und Blickkontakt.