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Juni 2015

09 er Tag hat alles, um ein guter zu werden: Es ist Samstag, das Wet- ter strahlt, und um halb acht in der Früh sind die Münchner Straßen noch ange- nehm leer. Gut gelaunt fährt Verena Pfähler-Münch zum Dienst: Ihre Bereit- schaft trifft sich zu einer Schulung in der Zentrale des Münchner Roten Kreuzes. Um Zeit zu sparen, trägt die Helferin be- reits ihre rote Einsatzkleidung. Im Radio spielen sie ein Stück, das ihr gefällt, und leise summt sie mit. Alle Ampeln auf ihrem Weg zeigen Grün, und sie hält die gebotenen fünfzig Stundenkilometer ein. * Zeitgleich fahren Heinz Effenberger und Alexander Westermaier, ein Rettungsteam des Bayerischen Roten Kreuzes, in ihrem Sanka gen Feierabend. Eine anstrengen- de Nachtschicht mit der Versorgung von betrunkenen Jugendlichen, Pa­tienten mit Kreislaufzusammenbrüchen und Verlet- zungen durch eine Schlägerei liegt hinter ihnen. Gerade haben sie einen Notfall behandelt und in die Klinik gefahren. Jetzt nur noch den Wagen zurück in die Zentrale bringen, das Innere ordnungs- gemäß reinigen, die Ausrüstung auffül- len, und ab geht’s ins Wochenende. Sie biegen in die Humboldtstraße ein. * Als Verena Pfähler-Münch sich der Kreu- zung Pilgersheimer Straße/Humboldt- straße nähert, steht auch diese Ampel auf Grün. Unbewusst registriert sie, dass ihr auf der Gegenspur zwei Fahrzeuge entgegenkommen. Beide blinken nicht, wollen wohl geradeaus. Plötzlich, schon in der Mitte der Kreuzung direkt vor ihrem Wagen, biegt das eine links ab – immer noch ohne Blinker. Schon ertönt ein ohrenbetäubendes, hässlich knir- schendes Geräusch. Sie nimmt noch wahr, wie die Front ihres Wagens aus­ einandergedrückt wird und sich eine dunkle Limousine Zentimeter um Zenti- meter in ihr Auto schiebt. Als sie wieder zu sich kommt, ist die komplette Fahrgastzelle voller Rauch. „Es brennt“, denkt sie panisch und versucht verzweifelt, sich aus dem Sicherheitsgurt zu lösen. Beim Aufprall ist sie mit der Schulter aus dem oberen Teil herausge- rutscht, jetzt hat sich der lose Gurt um ihre Beine gewickelt. Sie kämpft sich aus dem Knäuel, doch sie kann die Fahrertür nur einen Spalt weit öffnen, auch das Fenster ist blockiert. Ihre Finger wollen kaum gehorchen. In ihrer Todesangst schafft sie es mit Gewalt, sich durch die Tür zu quetschen. Schmerzen verspürt sie nicht, fühlt sich aber völlig kraftlos. Direkt neben dem Auto sinkt sie auf die Knie. Ihr Kreislauf lässt sie im Stich. * „Da ist was faul!“, denkt Heinz Effenber- ger, während er mit dem Sanka auf die Kreuzung zurollt. Irgendetwas wirkt nicht normal. Beim Näherkommen sehen sie den Unfall. Schnell schaltet Heinz Effenberger das Blaulicht ein. Zwei junge Männer steigen aus dem einen Unfallfahrzeug aus, zwei Zeugen aus einem weiteren Wagen – und neben einem zusammengeschobenen Blech- haufen kniet bereits eine Helferin in Dienstkleidung. Aus der offenen Fahrer- Die Ingenieurin Verena Pfähler- Münch engagiert sich in ihrer Freizeit beim Münchner Roten Kreuz. Auf dem Weg zu einer Schulung ­geriet sie in einen Verkehrsunfall, der ihr die Sichtweise der ­Betroffenen, denen sie norma­lerweise hilft, verdeutlichte. D Heinz Effenberger (l.) und Alexander Westermaier fuhren mit ihrem ­Rettungswagen gerade zurück zur Zentrale, als sie die Unfallstelle ­kreuzten und unerwartet zu einem zusätzlichen Einsatz kamen. tür quillt weißlicher Rauch, der auch das Innere des Wagens füllt. Zu erkennen ist dort nichts. „Wo ist der Fahrer?“, fragt sich Alexander Westermaier und vermu- tet einen Schwerverletzten im Auto. Die Helferin tippt eiligst eine Nummer in ihr Handy. Sie wird wohl bereits einen Not- ruf absetzen. Die beiden Rotkreuzler stop- pen ihren Sanka. Während Heinz Effen- berger ihn mit Warnblinker wie einen Schutzschirm gegen den fließenden Ver- kehr in den Weg stellt, läuft Alexander Westermaier zu den beiden Fahrzeugen. *

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