a denkt der 75-jährige Rotkreuz-Helfer, in seinem Alter sei er nur noch zum Registrieren der Kollegen abgestellt – und dann ist ausgerechnet er der einzi- ge Sanitäter vor Ort, als eine Lebensrettung erforderlich wird. Lange vor den anderen – wie immer viel zu früh – trifft Erich Schihan am 12. April diesen Jahres, einem Spieltag des FC Bayern, im Parkhaus vor der Allianz- Arena ein. Die Listen für die Registrierung der Rotkreuz-Einsatzkräfte hat er dabei, Parktickets und Akkreditierungsausweise vorbereitet. Während er auf die Kollegen wartet, wecken heftiges Winken und Rufe von Passanten seine Aufmerksamkeit: Ein älterer Busreisender, gerade angekommen, ist zu schnell eine Treppe hinaufge- laufen und oben zusammengebrochen. Als Erich Schihan den Mann erreicht, ist die- ser nicht mehr ansprechbar. Der Helfer setzt umgehend einen Notruf ab. Während er den Bewusstlosen hält, erleidet der Mann plötzlich einen Herzstillstand. Sofort legt Erich Schihan ihn auf den Rücken und beginnt mit Beatmung und Herzmas- sage. Im Hintergrund nimmt er Mitreisende und die fassungslose Ehefrau des Pati- 14 Spektrum Seit fünfzig Jahren leistet Erich Schihan ehrenamtliche Dienste für das Münchner Rote Kreuz. Die Ein- richtung der EDV auf der Wiesn- Sanitätswache wurde zu seiner ganz speziellen Mission. D 14 Spektrum „Erich, bring dein Werkzeug mit!“ enten wahr. Er drückt kräftig und im richtigen Rhythmus auf den Brustkorb des Mannes. Der Schweiß steht ihm bereits auf der Stirn, und während Mi- nute um Minute verstreicht, schwinden seine Kräfte. Doch er schafft es, die Sauerstoffver- sorgung des Mannes aufrechtzuerhal- ten und ihn zurückzuholen. Als die Ret- tungsassistenten übernehmen, hilft er noch, den Patienten mit Sauerstoff zu beatmen. Während der ins Schwabinger Krankenhaus gefahren wird, hat Erich Schihan zum ersten Mal Zeit, sich um sich selbst zu kümmern. Er ist körper- lich völlig am Ende. Dennoch ist die Bot- schaft, die er allen Kollegen mitgeben will: „Wenn jemand in meinem hohen Alter eine Wiederbelebung meistert, können sich das auch die Jungen zu- trauen.“ Allerdings dürfe man die psy- chischen Folgen nicht unterschätzen: „Eine Lebensrettung ist der schwierigste Einsatz, den ein Sanitäter leisten kann. Die seelische Belastung bemerkt man erst später. Dann muss man sich sagen, dass man alles richtig gemacht hat. Auch wenn der Patient verstirbt: Als Helfer hat man getan, was man tun konnte.“ 1964 kommt Erich Schihan über ei- nen Erste-Hilfe-Kurs zu seinem ehren- amtlichen Engagement. Schnell steigt er innerhalb seiner Rotkreuz-Kolonne auf und bringt es in den 60er-Jahren zum Ausbilder beim ABC-Dienst, der bei atomaren, biologischen oder chemi- schen Zwischenfällen aktiv wird, und 1981 zum stellvertretenden Kreiskolon- nenführer. Doch irgendwann kann er das alles nicht mehr mit seinem Beruf vereinbaren. Als diplomierter Elektroin- genieur ist er viel im Ausland unter- wegs; zu Hause warten seine Frau und zwei Kinder.