23 Volker Ruland: Bei der medizinischen Versor- gung haben wir uns auf Selbstmordanschläge vorbereitet: Bei einem Bombenattentat erlei- den die Verletzten oft große Blutverluste. Un- sere Notfallrucksäcke wurden um spezielle Abbindegerätschaften, Mittel zur Blutungs- stillung und spezielles Verbandmaterial, das mit blutstillenden Substanzen getränkt wurde, ergänzt. Die Behandlungsrichtlinien für diese Verletzungsmuster weichen von den Standard- vorgaben teilweise ab. Jürgen Terstappen: Schulungen erklären un- seren Helfern die Besonderheiten dieser Scha- densereignisse und zeigen auf, in welcher Weise sie die medizinische Versorgung darauf ab- stimmen müssen. Sie werden aber auch in an- dere Dinge eingewiesen, zum Beispiel erklä- ren wir, auf was sie in ihrer Umgebung achten sollen, was auf einen weiteren Attentäter hin- weisen könnte und wie sie sich selbst am bes- ten schützen. Wir schulen die Sensibilität für Dinge, die nicht normal sind. Es empfiehlt sich allerdings, Details dazu nicht zu veröffentli- chen, damit potenzielle Täter ihr Verhalten nicht darauf ausrichten können. Weitere Maß- nahmen dagegen sind offensichtlich: In einem normalen Einsatz versorgen wir einen Verletz- ten so lange vor Ort, bis sein Zustand stabil genug für den Transport im Rettungswagen ist. Nach einem Terroranschlag gilt es, die Ver- weilzeit möglichst kurz zu halten, um Ver- letzte wie Helfer schnell aus der Gefahrenzone zu schaffen. Bevor ein Patient in einer solchen Situation jedoch transportiert wird, machen die Sanitäter einen Bodycheck, damit keine Waf- fen oder eine Bombe in den Rettungswagen gelangen. Daher dürfen auch keine Gepäck- „Für große Blutverluste durch ein Bombenattentat wurde unsere medizinische Ausrüstung aufgestockt.“ stücke der Opfer im Rettungswagen mitgenommen werden. Dass unsere Hilfskräfte keine Fotos von ihren Einsatzorten veröffentlichen, um mögliche Attentäter nicht mit internen Infos zu versorgen, ist eine weitere neue Regel. Welche Erkenntnisse hat der Einsatz beim Amoklauf im Olympia-Einkaufszentrum gebracht? Jürgen Terstappen: Eine wichtige Erfahrung war, dass die Mechanismen, die wir im Laufe der Zeit entwickelt haben, zuverlässig funktionieren. Das System des Katastrophenschutzes und der Notfall- rettung in München, mit dem Rettungsdienst als einer wichtigen Komponente, hat sich als wirksam erwiesen. Mit unseren Ressourcen hätten wir weit mehr Verletzte versorgen können.