20 Report im Gebäude. Das schützt vor Erkältung oder fördert die Genesung. Die Helfer Hanna Glashauser und Rolf Kirsch halten in der Essensausgabe Ordnung und spülen Teile der Küchen- ausstattung. Immer wieder kommen Flüchtlingsfamilien in die Kellerräume, um sich ein Lunchpaket abzuholen und es an den Tischen der Schulkantine zu verzehren. Seit drei aufeinan- derfolgenden Tagen sind die beiden Helfer hier aktiv. „Ges- tern war es am stressigsten“, fasst Hanna Glashauser den Höhepunkt des Flüchtlingsan- drangs zusammen. „Da kamen 13 000 Menschen am Bahnhof an.“ Das Luisengymnasium war bis auf das letzte Bett belegt, und die Helfer hatten alle Hände voll zu tun, um ihre Schützlinge zu versorgen. „Wobei die meisten so erschöpft waren“, berichtet Rolf Kirsch, „dass sie nur noch schlafen wollten.“ Tatsächlich sieht man auf vie- len Feldbetten Haarschöpfe unter den Decken herausschauen. Diszipliniert und rücksichtsvoll bewegen sich die Flücht- linge durch Gänge und Hallen. Man hat den Eindruck, dass selbst die Kinder Res- pekt vor den Schlafenden zeigen. Der Boden der Turnhalle steht voller Feld- betten. Viele Familien ruhen sich hier aus. An der Tür wacht Sicherheitsperso- nal, um Nichtberechtigten den Eintritt zu verwehren und den Schla- fenden Ruhe zu garantieren. Ein kurzes Kraftschöpfen. Im Schulsekretariat hat das Rote Kreuz seine Einsatzzentrale ein- gerichtet: Hier hängen die Dienstpläne aus, und die Helfer treffen sich vor dem Schichtwechsel zur Übergabe. Nicole Maya ist schon seit Stunden im Haus aktiv und nutzt den Raum für eine kurze Ver- schnaufpause. Seit dem frühen Morgen hat sie Betten mit Bettzeug ausgestattet, den Ankommenden Zimmer zugewiesen, Zimmer- nummern mit Namen auf einer Liste notiert, Lunchpakete verteilt, weitere Betten aufgebaut und Betten, die wieder frei wurden, mit frischem Bettzeug ausgestattet. Nun findet sie Zeit, mit einem etwa sechsjährigen syrischen Jungen herumzualbern, der nicht von ihrer Seite weicht. Sie freut sich über die gelösten Gesichter der Kinder, die hier – endlich in sicherer Obhut, herzlich empfangen und rundum gut versorgt – sichtlich aufblü- hen. Soeben hat sie eine tränenreiche Familienzusam- menführung miterlebt: „Der 15-jährige Sohn einer syri- schen Familie kam bereits vor einem Jahr in Deutschland an und war in Ebersberg untergebracht. Übers Handy hatte er nun erfahren, dass seine Angehörigen an diesem Wochen- ende nach München unterwegs waren.“ Im Luisengymnasium traf er vor wenigen Minuten mit seinen Eltern und Geschwistern zu- sammen. Nun braucht die Familie erst einmal Zeit für sich. Ansonsten herrscht in den Fluren ein Kommen und Gehen. Maximal eine Nacht bleiben die Menschen in dieser Übergangs- unterkunft. Dann werden die meisten in andere Teile Deutschlands weiterreisen und auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge warten. Für die schulpflichtigen Kinder beginnt in wenigen Tagen der Alltag in einer „Willkommensklasse“. Deutsche Unternehmen werden unter den Jugendlichen Auszubildende suchen. Studenten werden prüfen lassen, wie sie einen anerkannten Abschluss erreichen. Und die Erwachsenen hoffen darauf, eine Arbeitserlaubnis zu erhalten. Das ersehnte neue Leben beginnt. Die Kinder, endlich in sicherer Obhut, blühen auf. Rolf Kirsch hatte sich gleich für mehrere aufeinanderfolgende Tage als Helfer gemeldet und arbeitete in der Essensausgabe. Nicole Maya (r.) erlebte im Luisengymnasium die Familienzusammenführung eines syrischen Jungen, der bereits vor einem Jahr in Bayern ankam, mit seiner Familie. Wie Ahmed A. (2. v. r. mit Helferin Hanna Glashauser) und seine Familie, die bereits vor Jahren wegen eines Job- angebots von Ägypten nach Deutschland zogen, stellten sich viele Einwanderer als Dolmetscher zur Verfügung.